Katholische Priester als Influencer? Diese Schlagzeile ließ uns hellhörig werden. Also haben wir uns mit dem Priester Dr. Christian Jasper im Priesterseminar Köln getroffen. Er hat an einem Social-Media-Camp teilgenommen und berichtet uns unter anderem, wie Seelsorge im digitalen Zeitalter aussehen kann und wem ein Priester so auf Instagram folgt.

– mit Dr. Christian JasperPriesterseminar Köln und Katholische Kirchengemeinde Hl. Familie Düsseldorf

Media Smart e. V.: Reagiert man auf Online-Seelsorgeanfragen anders, als wenn man persönlich angesprochen wird?

Jasper: Ja, natürlich gibt es einen Unterschied, ob ich mit einem Menschen von Angesicht zu Angesicht rede oder wenn er mir nur über Instagram oder Facebook schreibt und ich eine Anfrage kenne, womöglich sogar ohne den Menschen überhaupt zu kennen.

Media Smart e. V.: Wem folgen Sie auf den sozialen Netzwerken?

Jasper: Zunächst einmal bin ich ja einfach Teil unserer modernen Gesellschaft und folge da den Menschen, die ich so kenne. Meinen Freunden, meinem Bruder, Menschen, die ich in der Gemeindearbeit kennengelernt habe. Dazu kommen aber auch einige Organisationen, denen ich folge. Das sind Organisationen aus dem Umfeld der Kirche, aber auch Sportvereinen. Dem 1. FC Köln folge ich auf Instagram und sportlichen Laufmagazinen, weil mich das privat interessiert. Eine der großen Chancen von Instagram ist ja vielleicht, dass es dort die sogenannten Hashtags gibt, denen man folgen kann. Dass man einem einzelnen Begriff folgt und dann aber sieht, wie unterschiedlich dieser Begriff mit Leben gefüllt werden kann.

Media Smart e. V.: Oft steht die Kirche ja auch in der Kritik. Haben Sie persönlich bereits Erfahrung in sozialen Netzwerken mit „Hatespeech“ gemacht?

Jasper: Ja, das kommt vor und auch auf unseren kirchlichen Seiten kommt das vor. Ich gehe damit immer so um: Mit Menschen, die wirklich ein ehrliches Interesse habe, wo spürbar ist, dass die sich für die Sache interessieren, dort bin ich gerne bereit Rede und Antwort zu stehen. Wenn aber irgendwann der Punkt erreicht ist, wo Menschen wirklich ins Beleidigende, vielleicht sogar ins Strafbare übergehen, da glaube ich, da hilft es nichts mit Argumenten dagegen vorzugehen. Das kann man nur ignorieren, vielleicht auch löschen, im schlimmsten Fall gar Strafanzeige erstatten.

Media Smart e. V.: Welchen Informationswert bieten soziale Netzwerke für Sie?

Jasper: Der Informationswert der sozialen Netzwerke scheint mir sehr unterschiedlich. Wer sich nur auf die sozialen Netzwerke verlassen würde, der würde sicher etwas von der Weite verlieren, die das Leben ja so bietet. Und das ist mir ganz wichtig, dass wir uns in den sozialen Netzwerken nicht nur noch mit unseresgleichen umgeben, sondern den offenen Dialog und wirklich die wahre Information suchen. Ich selber will da aber nicht nur einem Menschen folgen, sondern versuche die Breite wahrzunehmen und die sozialen Medien auch nicht nur als Möglichkeit zu sehen, die eigenen Botschaften zu verbreiten, die Menschen zu beeinflussen, sondern ins Gespräch, in Kontakt mit den Menschen zu kommen.

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