Mutproben gab es schon immer. Mittlerweile sind es nicht selten Online-Challenges, die bei jungen Menschen besonders beliebt sind. Es handelt sich um eine digitale Wette. Hierbei filmen sich die Beteiligten bei der Durchführung der Wette und ermutigen gleichzeitig auch andere Personen, diese humorvolle, schwierige oder sogar riskante Handlung nachzuahmen.

Darum geht es bei Online-Challenges

Es gibt verschiedene Arten von Challenges, die von harmlos bis lebensbedrohlich reichen können. Unter den riskanten Challenges gibt es zwei Kategorien.

1. Gefährliche-Challenges können zu gesundheitlichen und langfristigen Schäden führen.

Beispielsweise kursierten in der zweiten Hälfte des Jahres 2023 unter den Hashtags #hotchipchallenge und #onechipchallenge Videos, in denen Teilnehmer:innen die vermeintlich schärfsten Chips der Welt konsumierten. Obwohl der Verzehr solcher „extremen“ Chipsorten für Kinder und Jugendliche nicht selten verboten ist, gelangten sie dennoch in deren Hände. Der Verzehr dieser Chips kann zu schweren Atem-, Magen- und Kreislaufproblemen sowie zu Augenreizungen führen.

Ebenso lässt sich die beliebte „Deo-Challenge“ in die Kategorie „gefährliche Challenge“ einstufen. Bei eine der Varianten ging es darum, sich das Deo so lange wie möglich auf dieselbe Hautstelle zu sprühen. Als Folge: Durch die extreme Abkühlung können an den betroffenen Stellen extreme Schmerzen verursacht werden oder im schlimmsten Fall entstehen massive Hautschäden. Bei der anderen Variation wird hingegen das Deospray eingeatmet. Diese Aktion kann unverzüglich zu Bewusstseinsverlust, Herzversagen und Atemlähmung führen. In diesem Zusammenhang wurden im letzten Jahr bereits von Todesfällen bei Jugendlichen in Deutschland berichtet. Aufgrund dieser verheerenden Folgen rät das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) daher allen Menschen, unabhängig vom Alter, von der Nachahmung dieser Aktionen ab.

2. Hoax-Challenges sind eine extremere Form von gefährlichen Herausforderungen. Neben körperlichen und physischen Schäden können sie auch mit Selbstmordaktionen enden. Sie können daher für die Betroffenen sehr beängstigend und verstörend sein.

Eine der bekanntesten Hoax-Challenges ist die sogenannte „Blue Whale Challenge“, bei der die Teilnehmer:innen von einem Moderator bzw. einer Moderatorin über soziale Medien zu verschiedenen Aufgaben animiert werden, die zunächst harmlos erscheinen, sich aber immer weiter steigern und am Ende tatsächlich sogar Selbstmord oder Selbstverstümmelung beinhalten können.

 

 

Soziale Medien spielen bei der Verbreitung von Online-Herausforderungen eine entscheidende Rolle. Viele Challenges sind weltweit viral geworden, seit der Verbreitung der „Ice Bucket Challenge“. Der Praesidio-Bericht „Erforschung wirksamer Präventionserziehung als Antwort auf gefährliche Challenges“ zeigt, dass 83% der befragten Jugendlichen Online-Challenges über soziale Medien begegnen. TikTok ist einer der beliebten Hotspot für die Verbreitung von Online-Herausforderungen. Durch Challenges versuchen die Teilnehmende ihre Reichweite zu erweitern, indem sie virale Videos imitieren. Dabei werden gezielt Personen nominiert, welche die Aktion nachahmen sollen.

Aber welche Motive stecken dahinter?

Die Suche nach Anerkennung und Identität

Während der Adoleszenz machen Jugendliche körperliche, emotionale und soziale Veränderungen durch. Daher sind sie in gewisser Weise anfälliger für die Risiken, die die Phase der Adoleszenz mit sich bringt. Online-Herausforderungen sind ein Beispiel dafür, wie Jugendliche ihre physischen und psychischen Fähigkeiten unter Beweis stellen können. Aber auch der Nervenkitzel sowie der Dopaminrausch, die bereits durch harmlose, aber auch gefährliche Challenges entstehen können, werden im Bericht aufgeführt. Anerkennung und Akzeptanz durch Gleichaltrige spielen jedoch meist eine wichtige Rolle bei der Bewältigung von Herausforderungen. Durch die Bewältigung körperlicher Herausforderungen können sie gruppendynamische Anerkennung erlangen oder ihren Sinn für Humor unter Beweis stellen. Insbesondere bei Hoax-Challenges kann außerdem die Absicht dahinter stehen, sich von jüngeren Altersgruppen abzugrenzen und vermeintlich als „erwachsene“ Person wahrgenommen zu werden.

Das Expertengremium des Praesidio-Berichts betont, dass Mutproben ebenfalls die Möglichkeit bieten, soziokulturellen Aufstieg zu erzielen. Dies kann gerade bei Kindern und Jugendlichen der Fall sein, die im schulischen Kontext weniger erfolgreich sind. Schließlich kann auch allein bereits das Ausloten der eigenen psychischen und physischen Belastbarkeit ein Motiv für die Teilnahme an Online-Herausforderungen sein.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie Eltern und Erziehungsberechtigte mit den verschiedenen Erscheinungsformen von Online-Herausforderungen umgehen sollten.

Online-Challenges clever meistern

Als Eltern, Erziehungsberechtigte oder Aufsichtspersonen sollten Sie sich bewusst sein, wie wichtig es ist, mit Ihren Kindern und Jugendlichen über Online-Challenges zu sprechen. Hier sind einige Empfehlungen:

• Empathie und Vertrauen: Bauen Sie eine Vertrauensgrundlage mit Ihren Kindern auf, indem Sie empathisch zuhören und versuchen, sich in ihre Lage zu versetzen. Was findest du an der Challenge so witzig, spannend etc.? Dies hilft bei der Bildung einer offenen und vertrauensvollen Gesprächsgrundlage.

• Medienkompetenz: Fördern Sie die Medienkompetenz von Kindern, indem Sie sie ermutigen, kritisch über Online-Inhalte und die damit verbundenen Risiken nachzudenken. Dies gibt ihnen die Fähigkeit, die Risiken von Online-Herausforderungen selbst zu erkennen und zu bewältigen.

• Schulische Prävention: Einführung von Informationsveranstaltungen (z.B. einen Elternabend) oder Unterrichtsstunden über die pädagogischen Herausforderungen von Online-Challenges Hier geht es darum, Wissen zu vermitteln und für einen Erfahrungsaustausch der Eltern und Lehrkräfte anzuregen.

• Peer-Mentoring-Programme: Einführung von systematischen Peer-Mentoring-Programmen, in denen Schüler:innen sich über ihre Erfahrungen mit Online-Herausforderungen austauschen und beraten. In einem geschützten Raum können Schüler:innen wertvolle Einblicke gewinnen und lernen, wie man sich sicher im Internet bewegt.

Aber zum Schluss eine wichtige Nachricht! Online-Challenges müssen nicht immer gefährlich sein. Es gibt viele harmlose Alternativen, die trotzdem unterhaltsam sind.

Sind sie als Elternteil neugierig geworden?

Hier sind einige sichere (Online-)Aktivitäten, die Familien zusammen genießen und ihre Kreativität fördern können. Der Spaß ist garantiert, auch wenn sie sich entscheiden sollten, diese Challenge nicht online zustellen:

Tanz-Challenges: Tanzen Sie zusammen mit Freunden oder der Familie, erstellen Sie eine Tanzroutine und teilen Sie sie auf sozialen Medien wie TikTok oder Instagram (z.B. Wednesday Dance)

• Comedy-Sketches: Schauen Sie sich lustige und humorvolle Videos an (z. B. Haribochallenge).

• DIY-Projekte: Machen Sie gemeinsam Seifenblasen oder kreieren Sie leckere alkoholfreie Mixgetränke. Diese Aktivitäten fördern die Kreativität und den Austausch in der Familie (z.B. Pink Drink).

• Quizfragen: Nehmen Sie an Quizfragen auf TikTok teil, um das Wissen Ihrer Kinder und Jugendlichen zu testen und gleichzeitig Spaß zu haben.