Auf der didacta 2019 sind wichtige Vertreter aus der Medienpädagogik an einem Ort versammelt. Diese Chance haben wir genutzt, um nach aktuellen Trendthemen in der Medienpädagogik zu fragen. Außerdem haben wir den Fokus auf die Digitalisierung gelegt und wollten wissen, wie die digitale Schule von morgen aussieht. Das Ergebnis zeigt: Digitale Medien müssen in Schulen mitgedacht werden. Sie sollen hierbei keine Unterrichtsinhalte ersetzen, sondern als Hilfsmittel dienen, um die Fähigkeiten der Kinder zu fördern.

– mit Dr. Vera Fricke & Ricarda SondermannVerbraucherzentrale NRW; Ronja Baetz, Digitalwerkstatt; Andreas Noack, heinekingmedia GmbH; Birgit Brockerhoff, Seitenstark; Susanne Breit, jugendschutz.net

Media Smart e. V.: Wie werden Heranwachsende zu medienkompetenten Verbraucher*innen?

Dr. Vera Fricke: Das ist sicherlich ein vielfältiges Portfolio, wo viele verschiedene Akteure einfach auch gefragt sind. Das ist natürlich zum einen sicherlich das Elternhaus, das soziale Umfeld, indem man groß wird, wo natürlich auch Medien genutzt werden. Das ist aber eben genauso auch der schulische Kontext, um zu zeigen, wie digitale Medien einerseits angewandt werden. Also tatsächlich die Nutzung von medialer Hardware im Unterricht selber, um zu zeigen, welche Möglichkeiten machbar sind. Aber eben tatsächlich auch die Reflexion im Unterricht eben über genau die Themen, die wir genannt hatten. Welche Rechte habe ich eigentlich im Internet? Wie verhalte ich mich auch in der digitalen Welt im Vergleich zur analogen Welt? Gibt es da Unterschiede? Wo gibt es Gemeinsamkeiten? Also es sind sozusagen verschiedene Bereiche, die insgesamt berücksichtigt werden müssen und die dann ineinander spielen, wo alle eine gemeinsame Verantwortung letztendlich auch tragen.

Ricarda Sondermann: Deswegen vertreten wir eben die These, dass konsumieren tatsächlich gelernt werden will. Heute mehr denn je. Und deswegen Kinder und Jugendliche eben die Verbraucher von morgen sind, denen wir möglichst viele Kompetenzen mit auf den Weg geben wollen.

Media Smart e. V.: Wie stellen Sie sich die digitale Schule von morgen vor?

Ronja Baetz: Also digitale Schule von morgen sieht in meinen Augen folgendermaßen aus, dass zuerst einmal diese Angst vor den digitalen Medien wegfällt. Also das einfach die Umwelt, in der wir leben 2019, auch in der Schule Einhalt findet. Dass es keine Diskussion mehr ist, ob man jetzt digitale Geräte benutzt oder nicht, sondern dass man eher darauf fokussiert ist, wie kann man diese Geräte sinnvoll einsetzen. Und da ist es noch ein weiter Weg, bis wir dahin kommen, dass das eben selbstverständlich wird. Dass die Geräte, die im privaten Gebrauch sowieso schon zuhause sind, wo die Kinder oder auch Eltern mit agieren, dass wir das eben auch im Unterricht einsetzen können. Und die Kompetenzen, die die Lehrer dafür mitbringen müssen, ist natürlich, dass sie selber vertraut sind mit den Techniken. Aber was auch ganz wichtig ist, dass wir den Kindern zeigen, wie man reflektiert mit diesen Medien umgehen kann, dass die Kinder verstehen, dass digitale Medien nicht nur zum Konsumieren da sind, sondern vor allem zum Produzieren. Dass ein Tablet ein Werkzeug sein kann, um selber etwas Kreatives zu gestalten. Und das wäre so meine ideale digitale Schule, dass man Analoges mit Digitalem verbindet und wirklich schaut, wo ist denn der Mehrwert darin, und die Kinder zu mündigen Mediennutzern entwickelt und sie dahin begleitet.

Media Smart e. V.: Entsteht durch den digitalen Schulalltag das Risiko der übermäßigen Online-Nutzung?

Andreas Noack: Ich weiß gar nicht, ob das so eine Gefahr ist, dass man ständig online ist, und ob wir da überhaupt drüber diskutieren sollten, ob man das verbieten kann oder ob man das abstellen soll, weil das ist auch eine Realität, die da ist. Und genau das ist, glaube ich, das Problem, dass einfach aus diesem Verbot der Schule, des Verbots der digitalen Medien, des Handys in der Schule, ganz ganz viel nicht gelernt wird, was man aber eigentlich im Privaten braucht und damit eben auch das Thema Medienkompetenz im Privaten nicht richtig umgesetzt wird. Und dazu gehört eben auch, was ist gut für mich, wie lange kann ich mit so einem Handy arbeiten und macht es Sinn, mich den ganzen Tag davorzusetzen oder soll ich mich eben auch mit was anderem beschäftigen. Und genau diese Kontrollinstanz, dieses Wissen darum, bis wohin ist es gut und wo hört es eben auf, das wird in der Schule momentan völlig ausgeklammert. Und das muss in der Schule stattfinden, das Gerät muss in der Schule stattfinden, damit alle bewusster mit diesem Thema Digitalisierung und Smartphones und Tablets umgehen können.

Media Smart e. V.: Wo sollte Ihrer Meinung nach Geld für die digitale Bildung investiert werden?

Birgit Brockerhoff: Es wäre schön, wenn dieses Geld nicht nur in die Ausstattung von Schulen, also in Tablets und nicht nur in die Hardware fließen würde, sondern sie auch in die Bereitstellung von Inhalten, von Content, von Materialien fließen würde. Und das nicht auch nur in bezahlte Programme oder bezahlte Clouds, sondern dass auch die Möglichkeit besteht, für die Kinder Interseiten darüber bekannter zu werden und diesen Raum, der für Kinder da ist im Internet, dadurch auch in die Schulen zu bringen und zu den Kindern zu bringen. Also das würde ich mir wünschen.

Media Smart e. V.: Wie schätzen Sie die Kinderfreundlichkeit digitaler Produkte ein?

Susanne Breit: Da haben wir leider festgestellt, dass bei Spiele-Apps, die ja total im Trend sind bei Kindern, zum Beispiel Fortnite, dass da Kinder zum Großteil nicht mitgedacht wurden. Und da müssen die Anbieter nachrüsten und müssen, wenn sie wissen, dass Kinder auch diese Spiele spielen, diese schon mitbedenken in der Entwicklung. Safety by Design.

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