Mit Blick auf ihre Followerzahlen könnte man Toyah Diebel als „Influencerin“ bezeichnen. Aber: Eigentlich ist Toyah vielmehr „Satire-Influencerin“ und nimmt das Influencing und Social Media gerne mal auf die Schippe. Darüber hinaus setzt sie sich für die Privatsphäre und Persönlichkeitsrechte von Kindern im Netz ein. Uns hat sie erzählt, warum Kinder in der digitalen Welt unzureichend geschützt sind, was sie am Umgang mit Kinderfotos im Netz stört und wen sie in der Verantwortung sieht, Kinder und Jugendliche online vor Gefahren zu bewahren.
– mit Toyah Diebel, „Satire-Influencerin“ und Autorin
Intro Media Smart e. V.: Hallo zusammen, wir sind heute in Berlin und interviewen Toyah Diebel. Wir haben ein paar Fragen vorbereitet rund um das Thema Instagram und Influencer. Und wir schauen uns jetzt mal an, was sie dazu sagt.
Vorstellung Toyah Diebel: Hallo, ich bin die Toyah, auch bekannt als Toyahgurl und man könnte meinen, ich bin Influencerin, aber ich bin viel mehr. Ich setze mich nämlich für die Rechte von Kindern ein und vor allem im Netz. Was das genau beinhaltet, das erfahrt ihr gleich.
Media Smart e. V.: Hallo, einen wunderschönen guten Morgen. Vielen Dank, dass du Zeit für uns gefunden hast. Und wir legen direkt los mit der ersten Frage.
Toyah: Bitte!
Media Smart e. V.: Welche Bedeutung hat Instagram und das Influencerinnen-Sein für dich? Also du hast ja gerade gesagt, du bist ja keine Influencerin in dem Sinne, aber was machen Influencer denn für dich aus? Die typischen, sage ich jetzt mal.
Toyah: Also Instagram an sich, muss ich sagen, ich verbinde damit so eine Hassliebe, weil auf der einen Seite geht es da nur um Selbstdarstellung. Es ist alles super oberflächlich. Alles was wir da sehen ist eigentlich schon fast ein Rückschritt was Empowerment angeht. Es geht um Backen, Schminken, Fitness. Auf der anderen Seite gibt Instagram Platz für viel Diversität. Wir haben die Möglichkeit uns Leute anzuschauen und anzuhören, die vielleicht anderswo keine Plattform gefunden hätten. Deswegen, Instagram ist nicht nur schlecht. Der Influencer oder die Influencerin an sich, man darf nie vergessen, dass eigentlich das Wort „Influencen“ beeinflussen heißt. Und das vergessen aber diese Inlfuencer leider oft. Denn die sind sich manchmal gar nicht im Klaren, was sie für eine Reichweite haben. Eigentlich sollten sie Leute gut beeinflussen, ihnen Inspirationen geben, Tipps geben, weiß ich nicht, Gutes tun. Aber natürlich wird man auch schlecht beeinflusst.
Media Smart e. V.: Du hast dich für einen Selbsttest als 13-Jährige ausgegeben und warst bei Kik unterwegs. Was hast du dabei gelernt?
Toyah: Ja, Kik ist ja ein Messenger, der nicht nur von Erwachsenen genutzt wird, sondern auch von Kindern und Jugendlichen. Kik ist ab 13, glaube ich. Das heißt, es ist möglich, dass erwachsene Männer in Kontakt treten mit zum Beispiel einem 13-jährigen Mädchen, was für mich, also dieser Fakt alleine, schon völlig gaga ist, weil wieso ist das möglich. Der Anbieter, also Kik, der weiß das auch, also das Problem ist bei Kik bekannt. Dass erwachsene Männer versuchen sich an Minderjährigen ranzumachen und diese nicht nur sexuell belästigen, sondern auch nötigen. Also dieses Problem ist bekannt. Das wollte ich einfach selber ausprobieren und habe mich so ein bisschen zurückgeworfen gefühlt in meine eigene Teenager-Zeit, weil mir da eingefallen ist, ah krass, vor 15 Jahren, da war das bei mir auch schon so. Also ich kann mich erinnern, dass ich als 13-Jährige damals auch schon Avancen von erwachsenen Männern bekommen habe. Und Avancen klingt jetzt so romantisch, weil es war einfach sexuelle Belästigung, digital. Da hat sich bis heute und ich meine, 15 Jahre sind im Internet irgendwie Jahrhunderte, da hat sich nichts geändert. Und das hat dieser Selbsttest bei Kik bewiesen.
Media Smart e. V.: Deine Kampagne #DeinKindauchnicht soll auf die Gefahren von Kinderfotos im Netz aufmerksam machen. Woher kam die Idee?
Toyah: Mir selber war es schon immer wahnsinnig wichtig, wie ich im Netz gesehen werde. Also auch die Kontrolle darüber zu behalten, welche Bilder von mir im Internet landen. Das war auch schon früher so als ich Teenager war. Für mich war es wahnsinnig wichtig, dass irgendwelche Partybilder von mir, wo ich irgendwie blöd aussah, nicht im Internet landen. Und als ich mich daran erinnert habe, wurde mir klar, okay krass, diese ganzen Kinder, die auf Instagram gerade sind, Kinder von Mama-Bloggerinnen, Papa-Bloggern, die haben ja auch gar keine Wahl darüber, ob sie im Internet gesehen werden wollen oder nicht. Und ich meine, ich rede jetzt nicht nur von Bildern, wo man weint oder vollgekotzt oder vollgekackt in der Windel liegt, sondern auch einfach von ganz normalen Bildern. Also vielleicht werden diese Kinder irgendwann Teenager und junge Erwachsene und wollen das gar nicht. Die wollen gar nicht, dass sie die Identität im Internet haben, die die Eltern für sie geschaffen haben. Und das ist einfach wahnsinnig unfair, weil diese Kinder nicht die Wahl haben selbst darüber zu entscheiden. Und meiner Meinung nach ist es auch einfach fahrlässig.
Media Smart e. V.: Was sollten Eltern tun, um ihre Kinder besser im Netz zu schützen?
Toyah: Ich glaube, Bildung ist ganz wichtig. Wir müssen stets auf dem neuesten Stand sein, was die digitale Kompetenz angeht. Wie ich vorhin schon gesagt habe, Dummheit schützt vor Strafe nicht. Man muss voll up-to-date sein, was im Internet möglich ist und was nicht, um meine Kinder perfekt schützen zu können. Wenn ich schon der Meinung bin, ich muss mein Kind ins Internet stellen und warum auch immer, dann muss ich doch wenigstens vorher abklären, ist die Privatsphäre meines Kindes auf dem Bild geschützt, ist die Würde meines Kindes auf dem Bild geschützt, das sind Teile des Grundrechts eines jeden Menschen und somit auch von Kindern. Das sollte gegeben sein, also keine Bilder, wo ein Kind weint, meiner Meinung auch schläft, vollgekotzt, vollgekackt, nackt ist. Das hat im Internet nichts verloren. Ich sollte mich auch immer fragen, möchte ich, dass dieses Bild wirklich jeder sehen kann. Denn wenn ich das Bild ins Internet lade und ich habe keinen privaten Account, dann kann das wirklich jeder Mensch auf der Welt sehen und damit machen, was er oder sie möchte.
Media Smart e. V.: Das war es von uns. Vielen, vielen Dank, liebe Toyah. Es war großartig.
Toyah: Danke euch!
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