Heiko Wolf, alias „Der Medienwolf“, arbeitet freiberuflich als Medienpädagoge. Er studierte Pädagogik & Multimedia und hat seinen Masterabschluss in Handlungsorientierte Medienpädagogik gemacht. Als freier Medienpädagoge bietet er Workshops für Kinder und Jugendliche, Eltern, Lehrer*innen, Sozialarbeiter*innen und Multiplikatoren an. Dabei kann es sich um interaktive Projekte sowie Informationsveranstaltungen handeln. Auftraggeber sind u.a. die Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM) und diverse Schulen. Er hat mit uns unter anderem über Weblogs und Medienkonsum von Grunschüler*innen gesprochen.
Media Smart e. V.: Herr Wolf, Sie selbst haben einen Blog „365 Tage Ein Jahr ohne Autofahr(t)en“. Was hat es damit auf sich und warum haben Sie dieses Stilmittel gewählt?
Wolf: Nach meinem Umzug ins Rheinland habe ich mein Auto verkauft und mir etwas später ein Fahrrad zugelegt. Ich möchte in erster Linie für mich, meine Familie, Freund*innen und Bekannten meine Erfahrungen niederschreiben und teilen. Da ich als Medienpädagoge arbeite und viele Fahrten auch immer wieder im Zusammenhang mit meiner Arbeit stehen, habe ich dafür das digitale Format des Weblogs gewählt.
Media Smart e. V.: Welche Zielgruppen interessieren sich für das Thema Bloggen?
Wolf: Es gibt zu vielen Themen Blogs und dementsprechend werden verschiedene Zielgruppen angesprochen. Es gibt Blogs über Games, Literatur, Reisen, Kochen und viele andere Themen.
Media Smart e. V.: Was sind Werbeinhalte, die in Weblogs auftreten können?
Wolf: Heutzutage können nahezu alle Netz-Angebote mit Produktplatzierungen und Sponsoring in Verbindung gebracht werden. Auch Beiträge in Blogs können mit offener als auch mit eher verdeckter Werbung versehen sein. Die Formate können unter anderem konkrete Produkte bewerben oder mit einzelnen Werbebannern versehen sein. Auch in meinem Blog mache ich durch meine Fotos oder Erzählungen unterschwellig unentgeltliche Werbung für meine Arbeit, Bahn- oder Radprodukte.
Media Smart e. V.: Inwieweit ist den Leser*innen auch bewusst, dass Blogger*nnen häufig mit ihren Inhalten eine Art Eigenwerbung betreiben um Andere von ihrer Meinung zu überzeugen?
Wolf: Ich denke nicht, dass Blogger*innen in der Regel den Anspruch haben, die Leser*innen von einer Meinung zu überzeugen. Es gibt ja viele verschiedene Blog-Formate mit unterschiedlichen Zielrichtungen.
Media Smart e. V.: Welche Tipps können Sie Leser*innen von Blogeinträgen geben?
Wolf: Sie sollten am besten kritisch lesen und sich bewusst machen, ob sich ihre Meinung während des Lesens verändert und wenn ja, wodurch. Und hierbei können Akteur*innen der politischen Bildung als auch der Medienpädagogik Kompetenzen vermitteln und fördern.
Media Smart e. V.: Inwieweit betreffen die Themen Werbe- und Medienkompetenz schon Grundschüler?
Wolf: Grundschüler*innen kommen früh mit Medien und eben auch Werbung in Kontakt. Kinder nutzen unter anderem das Fernsehen, Spielekonsolen oder Smartphones. In all diesen Medien werden Produkte beworben, ob offensichtlich oder eher versteckt. Um beispielsweise einen Werbeinhalt von einem Spielinhalt zu unterscheiden, brauchen Kinder medienpädagogische Unterstützung, um diese Differenzierung zu lernen.
Media Smart e. V.: Welche Medienangebote betrifft das konkret bei Grundschulkindern?
Wolf: Kinder nutzen vor allem Video-Portale im Netz, aber auch Games und andere Smartphone-Angebote. In der Regel bekommen sie mit dem Übergang zur weiterführenden Schule – oftmals auch schon früher – ein eigenes Smartphone. Diese Geräte wie auch neuere Spielekonsolen sind meistens mit einer ständigen Internetverbindung ausgestattet.
Media Smart e. V.: Und wie kommen sie dort mit Werbung in Berührung?
Wolf: Durch die vernetzten Geräte können Kinder Zugriff auf eine unbegrenzte Anzahl von Spielen und In-App-Käufen bekommen. Durch Werbeeinblendungen werden sie für neue Spiele begeistert und starten eventuell durch eine Touch-Geste oder Knopfdruck kostenpflichtige Downloads.
Media Smart e. V.: Was würden Sie empfehlen, wie man Kinder davor schützt?
Wolf: Es gibt durchaus technische Möglichkeiten, diese Situationen präventiv zu unterbinden, aber kein System lässt sich zu hundert Prozent absichern. Damit Kinder nicht auf ungewollte App-Käufe oder ähnliche Fallen stoßen, brauchen sie Anleitung durch Eltern, Schule sowie Medienpädagog*innen.
Media Smart e.V.: Vor welchen Herausforderungen stehen Lehrer im Arbeitsalltag bei der Vermittlung von Medien- und Werbekompetenz?
Wolf: Lehrkräfte stehen unter anderem vor der Herausforderung, diese Themen passend in den Schulunterricht zu integrieren. Da die Vermittlung aufgrund des fehlenden Schulfaches „Medienkompetenz“ meist fächerübergreifend stattfinden muss, ist es eine spezielle Aufgabe dies innerhalb der Schule und des Curriculums zu koordinieren. Es gibt dazu bereits passende Unterrichtskonzepte und Materialien, aber nicht in jeder Schule werden diese eingesetzt.
Media Smart e. V.: Gibt es aus Ihrer Sicht besondere Herausforderungen, denen Pädagog*innen und Eltern im Hinblick auf die Vermittlung von Werbekompetenz gegenüberstehen?
Wolf: Die größte Herausforderung für Eltern sowie Pädagog*innen ist die schnelle Entwicklung von vernetzten Medien. Mit dem technischen Fortschritt verändern sich auch die Möglichkeiten der Werbung.
Media Smart e. V.: Und wie beeinflusst das die pädagogische Arbeit?
Wolf: Auch Pädagog*innen stehen vor diesen Problemen der ständigen medialen Weiterentwicklung. Gute erprobte, didaktische Materialien, die Werbung zum Thema haben, können in wenigen Monaten oder gar Wochen schon wieder veraltet sein.
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